Gernot: Sag mal Bianca, wie hat das eigentlich alles angefangen mit wildKultur?
Du: Der ursprüngliche Wunsch war ganz pragmatisch: Ich wollte ein Habitat für Reptilien schaffen – genauer gesagt für die Zauneidechsen, die hier schon vorkamen. Also: ein bisschen Sand, ein paar alte Platten, etwas Holz. Aber dann kam mehr Bewegung rein, als ich dachte. Plötzlich wurden Käfer, Bienen und Wespen sichtbarer. Und mir wurde klar: Ein Lebensraum für Reptilien ist fast zwangsläufig auch einer für Insekten. Viele Zusammenhänge, die im Naturschutz bekannt sind, wurden auf einmal greifbar. Manches war mir zwar bewusst, habe ich in der Praxis so deutlich noch nie gespürt.
Gernot: Das heißt, aus dem Eidechsen-Beet wurde ein ganzes Experimentierfeld?
Du: Ja, irgendwie schon. Die Dürrewochen haben dann auch gezeigt, dass klassische Staudenbeete oft keine langfristige Lösung bieten. Jetzt geht es mehr darum, wie sich verschiedene Wildpflanzen, aber auch Kulturpflanzen, mit den vorhandenen Strukturen verweben lassen. Ich möchte, dass die Fläche über weite Teile des Jahres Nahrung, Deckung und vielleicht sogar Fortpflanzungsmöglichkeiten bietet. Und ja, wenn sie als Eiablageplatz für die Eidechsen angenommen wird, wäre das mein persönliches Highlight. So ehrlich wollen wir hier bleiben.
Gernot: Und die Ideen – kommen die aus dem Bauch oder vom Fachwissen?
Du: Beides. Ich bin Umweltplanerin, habe Naturschutz und Landnutzungsplanung studiert und bin seit über 10 Jahren beruflich vorrangig in der Feldherpetologie unterwegs. Das Fachwissen ist da. Aber die Gartengestaltung selbst – das ist Neuland für mich. Da lese ich, stöbere, probiere aus. Vieles kommt auch durch reine Beobachtung und Intuition. Es ist ein Lernprozess – und das macht es spannend.
Gernot: Hast du einen bestimmten Leitgedanken, der dich bei wildKultur begleitet?
Du: Keinen formulierten. Vielleicht ist es einfach: „Schau, was möglich ist – auf kleinem Raum, mit offenen Augen und etwas Neugier.“
Gernot: Und wenn’s nicht klappt?
Du: Damit müssen wir leben. Wir arbeiten in und mit der lebenden Natur. Alles ist in Bewegung – das kann man nicht festnageln. Es wird Phasen geben, in denen die Fläche scheitert. Dann eben neu denken und weitermachen.
Gernot: Willst du, dass andere Menschen auch solche Flächen anlegen?
Du: Ja und nein. Für mich ist es Rückzugsort und Forschungsfeld zugleich. Aber ich glaube, gerade Kleingärten könnten so viel mehr sein für den (machbaren) Naturschutz. Man redet immer von gärtnerischen Tätigkeiten und nur zweitrangig von Erholungsflächen. Ich denke im Bereich Natur- und Artenschutz fehlt oft nur an Wissen, Akzeptanz oder Ideen – nicht am Willen per se. Wenn wildKultur ein bisschen Inspiration oder Mut geben kann, ist das schon mehr, als ich hier eigentlich erreichen will.
